Mittwoch, 30. Oktober 2013

Algebraische Topologie: Dritte Woche

Dieses war eine kurze Woche, und da es momentan doch ein Skript gibt, gibt es hier auch wenig zu sagen. Den zweiten Abschnitt habe ich auf das tatsächlich behandelt zusammengekürzt, was auch thematisch ganz gut passt. Passend zu der halben Woche habe ich auch einen ungefähr halben Aufgabenzettel erstellt.

Donnerstag, 24. Oktober 2013

Ein komischer Kegel

Da wir leider nicht mehr dazu gekommen sind, die letzte Aufgabe zu besprechen, aber anscheinend einige an ihr herumgeknobelt hatten, möchte ich hier kurz eine Lösung angeben.

In der Aufgabe ging es darum zu sehen, dass für $M\subset\mathbb R^n$ der abstrakt definierte Kegel $CM$ nicht immer homöomorph zu \[\left\{((1-t)x,t)\in\mathbb R^{n+1}\colon x\in M,\,t\in I\right\}\] ist, wie man vermuten könnte. Für kompaktes $M$ zeigen wir leicht, dass die Räume homöomorph sind, aber schon für $M=\mathbb N\subset\mathbb R$ sind sie es nicht, das zu zeigen war Teil der Aufgabe. In der Tat ist $C\mathbb N$ zu keiner Teilmenge eines euklidischen Raumes homöomorph.

Ist $x$ ein Punkt eines metrischen Raumes $X$, so enthält jede Umgebung von $x$ einen $\frac1n$-Ball um $x$. Für die Spitze des Kegels $C\mathbb N$ werden wir aber zeigen, dass es kein abzählbares System von Umgebungen gibt, so dass jede Umgebung der Spitze eine Umgebung aus diesem System enthält. $C\mathbb N$ kann damit zu keinem metrischen Raum homöomorph sein. Wir sagen, $X$ sei nicht metrisierbar.

Nun zum Beweis. Es sei $p\colon \mathbb N\times I\to C\mathbb N$ die Quotientenabbildung. Die Kegelspitze bezeichnen wir mit $\ast$, es ist also $p[\mathbb N\times\{1\}]=\{\ast\}$. Es sei $(U_n)_{n\in\mathbb   N}$ eine abzählbare Familie von Umgebungen von $\ast$. Wir wollen eine Umgebung $V$ von $\ast$ finden, so dass $U_n\setminus V\ne\emptyset$ für alle $n$. Dies leistet eine einfache Diagonalkonstruktion.  Für $n\in\mathbb N$ ist $p^{-1}[U_n]$ Umgebung von $(n,1)\in\mathbb N\times I$, also existiert $\varepsilon_n>0$, so dass $\{n\}\times (1-2\varepsilon_n,1]\subset p^{-1}[U_n]$. Ein solches wählen wir für jedes $n$ und setzen $\tilde V:=\bigcup_{n\in\mathbb    N}\{n\}\times(1-\varepsilon,1]$ und $V:=p[\tilde V]$. Es ist $p^{-1}[V]=\tilde V$ offen, also $V$ Umgebung von $\ast$. Für jedes $n$ ist aber $(n,1-\varepsilon)\in p^{-1}[U_n\setminus V]$. Das zeigt die Behauptung.

Mittwoch, 23. Oktober 2013

Algebraische Topologie: Zweite Woche

Wir haben uns am Dienstag der zweiten Woche weiter mit Quotiententopologien beschäftigt.  Das Ziel war, zu sehen, wie man mit diesen in einfachen Argumenten umgeht. So haben wir gezeigt, dass der Kegel über einer $n$-Sphäre ein $(n+1)$-Ball ist. Das ist geometrisch keine große Erkenntnis, man sollte es eher so sehen, dass der Begriff des Kegels, den wir eingeführt haben, und der vielleicht etwas abstrakt schien, wenn man wenig Erfahrung mit Topologien hat, der richtige ist. Außerdem haben wir projektive Räume Sphären, auf denen antipodale Punkte identifiziert werden, eingeführt und gesehen, dass man sie auch erhalten kann, indem man antipodale Punkte auf dem Rand eines Balles identifiziert.

Zum Schluss habe ich noch auf ein technisches Lemma hingearbeitet, zu dem ich aber nicht mehr gekommen bin. Das hat uns aber eine Gelegenheit gegeben, ein wenig über Produkte und Kompaktheit zu reden.

Wie angekündigt habe ich den bisherigen Stoff aufgeschrieben, beziehungsweise zusammenkopiert. Hier ist er: Abschnitt 1, Quotienten.

Dazu habe ich auch einige Grundlagen zur mengentheoretischen Topologie aus einem alten Skript zusammengetragen: Abschnitt 0, Präliminarien

Durch das Zusammenkopieren kann es zu Inkonsistenten gekommen sein. Diese Präliminarien sind nicht als Voraussetzungen an die Hörer zu verstehen, sondern als gemeinsame Quelle, um Grundlagen nachzuschlagen.

Das oben erwähnte am Dienstag noch nicht vorgekommene technische Lemma hat es dennoch bereits in den ersten Abschnitt geschafft (1.27) und wir nächsten Dienstag behandelt werden. Die auf dem Weg dorthin gezeigte Aussage über Projektionen mit kompakter Faser hat aber ihren Platz in Abschnitt 0 gefunden (0.63),

Freitag, 18. Oktober 2013

Algebraische Topologie: Erste Woche

Nach einem Ausblick auf die Themen dieses Semesters haben wir uns einigen topologischen Grundbegriffen zugewandt.

Von Grundlagen über topologische Räume, Unterräume, Produkte, Kompaktheit und Zusammenhang nehme ich an, dass sie im wesentlichen bekannt sind, ich bemühe mich aber, an einige zu erinnern, wenn sich die Gelegenheit anbietet. Zum Nachlesen kann ich die ersten beiden Kapitel meines Skripts zu einer Topologievorlesung an der TU Berlin anbieten. Außerdem kann ich Kapitel 6 von Bröckers „Analysis I“ empfehlen. Falls dies nicht genügt und ich zu schnell bin, bitte ich um freundlichen Protest.

Angefangen habe ich mit dem Begriff des Quotientenraums. Was ich darüber erzähle wird eine verkürzte Fassung des siebenten Kaptitels des genannten Skripts sein.

Ebenfalls hatten wir bereits den Begriff der Homotopie. Das entspräche in dem alten Skript 8.1, 8.2, 8.3, 8.6, 8.7.

Algebraische Topologie im Wintersemester 2013/14

Hier werde ich mindestens wöchentlich kurz etwas zur Vorlesung „Algebraische Topologie“ schreiben. Kommentare und Fragen zu dem Stoff sind willkommen, rein organisatorische Fragen zur Vorlesung werden aber besser direkt an mich gerichtet.

Anonyme Kommentare sind nicht möglich, gegen pseudonyme habe ich aber nichts einzuwenden.

Ich werde die Blogposts zur Vorlesung mit AlgTop1314 kennzeichnen.

Donnerstag, 20. Juni 2013

Panorama 17. 6. 2013

Noch einmal eine Zusammenfassung des Teils dieser Sitzung, der der Wiederholung und Diskussion der Gödelschen Unvollständigkeitssätze gewidmet war. Dies enthält nun wieder ein paar Feinheiten, die das ganze vielleicht schwieriger erscheinen lassen als es ist. Außer allen Sätzen sind vor allem die Teile in Fettdruck wichtig.

Wir haben uns noch einmal mit den Gödelschen Unvollständigkeitssätzen beschäftigt. Die einfachste Form, die wir formuliert hatten, war:

Satz. Ist $X\supset\mathrm{PA}$ rekursiv aufzählbar und $\mathcal N\models X$, so ist $X$ unvollständig.

Dabei ist $X$ eine Menge von Aussagen in der Sprache der Arithmetik. Nun ist eine solche Aussage zunächst ein rein syntaktisches Gebilde, es ist erst nach Interpretation der Aussage sinnvoll, davon zu reden, ob sie wahr oder falsch ist. Aussagen in der Sprache der Arithmetik können wir aber immer als Aussagen über natürliche Zahlen interpretieren und damit wahr oder falsch nennen. Wenn wir $\mathcal N\models X$ schreiben, so heißt dies gerade, dass alle Aussagen aus $X$ so interpretiert wahr sind. Wenn wir das so verstehen, können wir auch schreiben:

Satz. Ist $X\supset\mathrm{PA}$ rekursiv aufzählbar und enthält $X$ nur wahre Aussagen, so existiert eine wahre Aussage, die sich nicht aus $X$ ableiten lässt.

Der Beweis hiervon lässt sich einfacher skizzieren als ich das in einer früheren Sitzung getan hatte: Es ist möglich, eine Aussage $\gamma$ zu konstruieren, die gerade sagt, dass $\gamma$ nicht aus $X$ ableitbar ist. Wäre $\gamma$ falsch, so ließe sich $\gamma$ also ableiten, es ließe sich aus $X$ also eine falsche Aussage ableiten, was im Widerspruch dazu steht, dass $X$ nur wahre Aussagen enthält. Damit ist $\gamma$ also wahr und nicht aus $X$ ableitbar.

Eigentlich möchte man aber nicht nur über Mengen wahrer Aussagen sprechen. Redet man vom ersten Gödelschen Unvollständigkeitssatz meint man meist eine Form des folgenden, auch wenn dies eigentlich eine Verstärkung des Satzes durch Rosser ist.

Satz. Ist $X\supset\mathrm{PA}$ rekursiv aufzählbar und konsistent, so ist $X$ unvollständig.

Es gibt also eine Aussage, so dass weder diese Aussage noch ihre Negation aus $X$ ableitbar sind. Aber Achtung: Dies muss nicht auf unsere oben konstruierte Aussage $\gamma$ zutreffen, Rossers Konstruktion ist eine andere. Wer in einer populären Darstellung also diese starke Fassung formuliert, dann aber zum Beweis einen Satz der Art „ich bin nicht beweisbar“ vorbringt, der schummelt.

Durchaus aber folgt für die Aussage $\gamma$ von oben, dass $X$ inkonsistent ist, wenn $\gamma$ aus $X$ ableitbar ist. (Wenn $\gamma$ aus $X$ ableitbar ist, so ist diese Tatsache auch in $X$ beweisbar, das heißt $\neg\gamma$ ist aus $X$ ableitbar.)  Das heißt aber, dass $X$ genau dann konsistent ist, wenn $\gamma$ nicht aus $X$ ableitbar ist, was wiederum die Aussage von $\gamma$ ist. Die Grundlage des Beweises des zweiten Gödelschen Unvollständigkeitssatzes ist nun, dass sich die Äquivalenz von $\gamma$ und $Con_X$ (der Konsistenz von $X$) auch in $X$ beweisen lässt. Dies liefert:

Zweiter Gödelscher Unvollständigkeitssatz. Ist $X\supset\mathrm{PA}$ rekursiv aufzählbar und konsistent, so ist $Con_X$ nicht aus $X$ ableitbar.

Betrachten wir ein Beispiel: PA selbst ist konsistent. Dies liegt daran, dass PA ein Modell hat, nämlich das Standardmodell $\mathcal N$. Kurz: PA enthält nur wahre Aussagen. (Dies ist ein Beweis der Konsistenz von PA, den wir in „unserer Mathematik“ geführt haben, in der es ja die Menge der natürlichen Zahlen gibt. Dies ist also ein Beweis der Konsistenz von PA in ZF. Keine Unvollstänidgkeitssätze wurden verletzt.) Also ist $Con_{\mathrm{PA}}$ nicht in PA beweisbar. Das heißt aber, dass $X:=\mathrm{PA} + \neg Con_{\mathrm{PA}}$ konsistent ist. (Wäre $X$ inkonsistent, so ließe sich aus $\mathrm{PA} + \neg Con_{\mathrm{PA}}$ ein Widerspruch herleiten, die Aussage $Con_{\mathrm{PA}}$ wäre also in PA per Widerspruch beweisbar.) $X$ ist also eine konsistente Theorie, die eine falsche Aussage enthält (wobei falsch wie gesagt nur bedeutet, dass sie im Standardmodell $\mathcal N$ nicht gilt). Wir wissen insbesondere, dass auch $X$ unvollständig ist. Aber: Ist $\gamma$ die Aussage, die behauptet, dass $\gamma$ in $X$ nicht beweisbar ist, so ist $\gamma$ wie gehabt äquivalent zu $Con_X$. Da $Con_X$ aber $Con_{\mathrm PA}$ impliziert, ist $\neg\gamma$ aus $X$ ableitbar. $X$ ist also konsistent, behauptet aber seine eigene Inkonsistenz.

All das gilt wie schon früher bemerkt nicht nur für die Sprache der Arithmetik und PA, sondern wo immer man genug Mathematik nachbilden kann, um sinnvoll über Beweisbarkeit zu reden. Insbesondere gilt das für die Sprache der Mengenlehre und ZF, also:

Satz.  Ist $X\supset\mathrm{ZF}$ rekursiv aufzählbar und konsistent, so ist $X$ unvollständig und $Con_X$ nicht aus $X$ ableitbar.

Wir müssen hier nur aufpassen: Im Gegensatz zu der Situation bei PA dürfen wir hier nicht einfach „in ZF lässt sich die Konsistenz von ZF nicht beweisen“ behaupten. Dass es überhaupt eine Aussage gibt, die sich in ZF nicht beweisen lässt, heißt ja, dass ZF konsistent ist. Hätten wir tatsächlich einen Beweis dieser Tatsache, den wir in unserer üblichen Mathematik, also in ZFC, geführt hätten, so würde also ZFC die Konsistenz von ZF beweisen. Von Gödel wissen wir aber (das wurde in einer früheren Sitzung berichtet), dass wenn ZF konsistent ist, auch ZFC konsistent ist. ZFC würde also seine eigene Konsistenz beweisen, was nach dem zweiten Gödelschen Unvollständigkeitssatz nur möglich ist, wenn ZFC inkonsistent ist, was wir doch nicht hoffen wollen. Wir müssen also genau sein und sagen: „Wenn ZF konsistent ist, lässst sich in ZF die Konsistenz von ZF nicht beweisen.“

Freitag, 14. Juni 2013

Panorama 10. und 14. 6. 2013

Neben einigen Eiederholungen und sonstigem haben wir mit Hilfe der Eulerschen Polyederformel den Satz von Sylvester-Gallai und den Satz von Pick bewiesen. Da ich in beidem weiterhin eng dem Buch von Aigner und Ziegler gefolgt bin, verzichte ich hier darauf, die Beweise aufzuschreiben.