Montag, 22. April 2013

Panorama 22. 4. 2013

Der Übungszettel zu diesem Abschnitt.


Der Fundamentalsatz der Algebra


Der Fundamentalsatz der Algebra besagt, dass jedes komplexe Polynom von positivem Grad eine Nullstelle hat.  Wir haben gesehen, dass daraus folgt, dass jedes solche Polynom in Linearfaktoren zerfällt, und auch, dass jedes reelle Polynom sich in (reelle) lineare und quadratische Faktoren zerlegen lässt.  Da aus letzterem auch folgt, dass jedes reelle Polynom ungeraden Grades eine reelle Nullstelle hat, und dies eng mit der Vollständigkeit von $\mathbb R$ zusammenhängt, sollten wir nicht verwundert sein, wenn Beweise des Fundamentalsatzes der Algebra nicht rein algebraisch sind.  Einen Beweis haben wir bereits in der Übung kennengelernt:  Königsberger gibt in seinem Analysis-Lehrbuch einen recht elementaren an, den er Argand zuschreibt, dazu später mehr.

Auch um noch ein wenig über komplexe Zahlen zu reden, haben wir eine andere Art des Beweises des Satzes besprochen.  Sei dazu \[p(z)=z^n+a_{n-1}z^{n-1}+\cdots+a_1z+a_0\]ein komplexes Polynom, $n>0$. Für $r\ge0$ definieren wir nun die geschlossene Kurve\begin{align*}\gamma_r\colon[0,2\pi]&\to\mathbb C\\\phi&\mapsto p(r(\mathrm{cos}\phi+i\,\mathrm{sin}\phi)).\end{align*}Für großes $r$ verhält sie sich in etwa wie\[\phi\mapsto(r(\mathrm{cos}\phi+i\,\mathrm{sin}\phi))^n=r^n(\mathrm{cos}\, n\phi+i\,\mathrm{sin}\,n\phi),\]läuft also $n$ mal um die $0$ herum.  Andererseits ist $\gamma_0$ eine konstante Kurve, die in $a_0$ verweilt.  Lassen wir nun $r$ von einem großen Wert nach $0$ laufen, so ändert sich $\gamma_r$ stetig mit $r$.  Dass dabei eine Kurve, die mehrfach um die Null läuft, in eine konstante übergeht, ist nur denkbar, wenn es ein $r$ gibt, für das $\gamma_r$ die Null trifft, wenn also $p$ eine Nullstelle hat.  Dies ist sicher kein strikter Beweis, aber mit Hilfe des Begriffs der Umlaufzahl kann man einen daraus machen. Außerdem ist das Argument hoffentlich anschaulich.

Wir haben dann den Beweis aus der 1799 eingereichten Dissertation von Gauß angesehen (s.a. auch diese Übersetzung). Zunächst ein modernisierter Überblick über den Beweis. Zu unserem gegebenen Polynom definieren wir zwei Teilmengen der komplexen Zahlen,\begin{align*}L_1&=\left\{z\colon \mathrm{Im}\,(p(z))=0\right\},&L_2&=\left\{z\colon \mathrm{Re}\,(p(z))=0\right\}.\end{align*}Es ist zu zeigen, dass diese einen gemeinsamen Punkt haben. Beide Mengen sind in kartesischen Koordinaten $z=x+iy$ als Nullstellenmengen von Polynomen in $x$ und $y$ gegeben, also algebraische Kurven, die im allgemeinen aus mehreren Komponenten bestehen. Wieder betrachten wir zunächst die Struktur weit draußen. Ein Kreis ausreichend großen Radius' schneidet $L_1$ und $L_2$ in je $2n$ sich abwechselnden Punkten.  Daraus schließt Gauß, dass sich im Inneren eines solchen Kreises die Kurven $L_1$ und $L_2$ schneiden müssen.

Im Gegensatz zu dieser Darstellung vermeidet Gauß die Benutzung komplexer Zahlen im Beweis.  Die Formulierung des Satzes, die er benutzt, ist die Zerlegbarkeit eines reellen Polynoms in lineare und quadratische Faktoren.  Wo wir oben beispielsweise von der Teilmenge $L_1$ der komplexen Zahlen geredet haben, führt er zunächst in der Ebene Polarkoordinaten $r$ und $\phi$ ein und definiert die Linie als Schnitt des Funktionsgraphen der Funktion \[r^n\mathrm{sin}\,n\phi+a_{n-1}r^{n-1}\mathrm{sin}\,(n-1)\phi+\cdots+r\,\mathrm{sin}\,\phi\](dies ist, da die Koeffizienten bei ihm reell sind gleich dem Imaginärteil von $p(r(\mathrm{cos}\,\phi+i\,\mathrm{sin}\,\phi))$, ich habe unsere Bezeichnungen der Variablen beibehalten) mit der Ebene. Dies geschieht in den Abschnitten 16 und 17, die wir uns gemeinsam angesehen haben.

Wir haben uns Abbildung 4 angesehen, die das Beispiel $x^4-2x^2+3x+10$ zeigt, siehe die Fußnote in Abschnitt 18.

1 Kommentar: